Petition von Ärztinnen, Ärzten und Gesundheitsfachpersonen für die Wahrung des Rechts auf Gesundheit in Gaza
Wir, Ärztinnen, Ärzte und Gesundheitsfachpersonen wollen nicht untätig bleiben – oder gar zu Kompliz:innen werden – angesichts einer der schwerwiegendsten humanitären Krisen unserer Zeit und der daraus resultierenden Konsequenzen für die künftige Anwendung des humanitären Völkerrechts, und dies über den palästinensischen Kontext hinaus.
Bitte lesen und unterzeichnen Sie unser Manifest und teilen es mit anderen Personen.
PETITION von Ärtzinnen, Ärzten und Gesundheistfachkräften für die Wahrung des Rechts auf Gesundheit in Gaza
Initiert und getragen von Médecins du Monde Schweiz
Angesichts der Tatsache, dass
- der Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel Kriegsverbrechen gegenüber der israelischen Zivilbevölkerung zur Folge hatte. Insgesamt forderte dieser Angriff rund 1’200 Todesopfer und 7’500 Verletzte sowie die Geiselnahme von über 250 Männern, Frauen und Kindern. Achtundfünfzig Geiseln befinden sich per Ende Mai noch immer in Gaza in Gefangenschaft;
- die israelische Regierung, welche täglich unverhältnismässige militärische Operationen durchführt, Kriegsverbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung begeht: Zwangsvertreibungen von Bewohner:innen Gazas, Zerstörung von Spitälern, Flüchtlingslagern, Schulen, Pumpstationen und Kulturgütern. Diese Aktionen haben bisher über 52’700 zivile Todesopfer gefordert, darunter 15’600 Kinder. 430 humanitäre Helfer:innen sowie 1’400 Gesundheitsfachpersonen wurden getötet;
- die israelische Regierung seit dem 2. März 2025 eine vollständige Abriegelung des Gazastreifens verhängt hat, wodurch die Lieferung von Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischem Material verhindert wird – mit der Folge einer unmittelbar drohenden Hungersnot. Im April 2025 verzeichneten die Gesundheitszentren von Médecins du Monde, dass fast jedes vierte Kind und jede fünfte schwangere oder stillende Frau an akuter Mangelernährung litt oder ein hohes Risiko hatte, diese zu entwickeln;
- massive Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht (HVR) durch die israelischen Behörden im Gazastreifen verübt werden, die die Gesundheit und das Überleben von 2,2 Millionen Palästinenser:innen ernsthaft gefährden. Insbesondre:
– systematische Angriffe der israelischen Armee auf Spitäler, Kliniken, Zentren der primären Gesundheitsversorgung und Ambulanzen, die eine kontinuierliche Versorgung von Hunderttausenden von Menschen unmöglich machen. Bis Anfang 2025 wurden 686 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen gezählt. Mehr als 120 Einrichtungen wurden getroffen, davon 33 Spitäler schwer beschädigt oder zerstört;
– Gesundheitsfachpersonen werden gezielt angegriffen, an ihrem Arbeitsplatz bedroht oder ohne rechtliches Verfahren in Administrativhaft genommen. Seit Oktober 2023 hat die israelische Armee 384 Fachpersonen aus dem Gesundheitsbereich willkürlich verhaftet und inhaftiert. Vier Personen sind in Haft gestorben [5].
- Mitglieder der israelischen Regierung formulieren öffentlich entmenschlichende Aussagen gegenüber der Bevölkerung Gazas;
- Der israelische Staat ist angesichts all dieser Tatsachen der vorläufigen Anordnung vom 26. Januar 2024 des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur Verhinderung eines Völkermords nicht nachgekommen. Der Gerichtshof hat den Staat Israel aufgefordert, „sofortige und wirksame Massnahmen zu ergreifen, um die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen und humanitärer Hilfe sicherzustellen, um die schlechten Lebensbedingungen zu beheben, denen die Palästinenser:innen im Gazastreifen ausgesetzt sind.“[6].
In Anbetracht dessen, dass
- die Regeln des humanitären Völkerrechts (HVR), wie durch die Genfer Konventionen [7] garantiert, offensichtlich nicht eingehalten werden;
- die grundlegende menschliche Würde sowie die Rechte der Patient:innen, wie der Zugang zu Pflege und Hilfeleistung, schwer beeinträchtigt sind;
- Gesundheitsfachpersonen entgegen der Tokioter Erklärung von 1975 nicht nur daran gehindert werden, ihren Beruf unabhängig auszuüben, sondern auch daran, frei über eine angepasste medizinische Versorgung zu entscheiden.
Wir, Ärztinnen, Ärzte und Gesundheitsfachpersonen wollen nicht untätig bleiben – oder gar zu Kompliz:innen werden – angesichts einer der schwerwiegendsten humanitären Krisen unserer Zeit und der daraus resultierenden Konsequenzen für die künftige Anwendung des humanitären Völkerrechts, und dies über den palästinensischen Kontext hinaus.
Wir würdigen die bemerkenswerte Arbeit der palästinensischen und internationalen Gesundheitsfachpersonen, die sich oft unter Lebensgefahr und im Einklang mit der medizinischen Ethik für die Opfer einsetzen. Wir fordern, dass sie ihre Tätigkeit ohne Behinderung und gemäss dem humanitären Völkerrecht sowie ihren berufsethischen Grundsätzen ausüben können.
Wir, die Unterzeichnenden dieses Manifests, fordern den Bundesrat auf:
- Unverzüglich konkrete Massnahmen zu ergreifen, um die drohende Hungersnot abzuwenden und den Zugang zur Gesundheitsversorgung für die Zivilbevölkerung sicherzustellen – im Einklang mit den Genfer Konventionen. Selbst wenn die Abriegelung aufgehoben würde, werden die medizinische Versorgung und die Rehabilitierung unterernährter Menschen Monate in Anspruch nehmen.
- Dringend alle diplomatischen und politischen Mittel einzusetzen, um einen bedingungslosen, dauerhaften und nachhaltigen Waffenstillstand zu erreichen, um letztendlich zu einer politischen Lösung zu gelangen.
Neuchâtel, 28. Mai 2025
[5] Schweizerische Medizinische Zeitschrift 2025; 21:993; Dr. N. Tebib
[6] Verordnung vom 26. Januar 2024, Abs. 86; Internationaler Gerichtshof
[7] Art. 49, 53, 59 und 143 der 4.Genfer Konvention, Art. 57 des Zusatzprotokolls
1’399 Gesundheitspersonen
haben bereits dieses Manifest unterzeichnet.
Unterschreiben auch Sie!
Stand 06.06.2025
Hinweis: Die nachfolgenden Unterschriften stehen für das persönliche Engagement der Unterzeichnenden und gelten nicht als Stellungnahme der Einrichtungen, die sie beschäftigen.
Mitglieder des Vorstands von Médecins du Monde Schweiz
- Dr. Laurent Lob Arzt, Co-Präsident von Médecins du Monde Schweiz
- Prof. Antoine Kernen Politologe, Co-Präsident von Médecins du Monde Schweiz
- Fr. Sandrine Destouches Psychologin
- Fr. Manon Duay Dozentin an der HES
- Fr. Justine Hirschy Soziologin
- Dr. Michel Hunkeler Arzt
- Dr. Frédérique Jacquerioz Ärztin
- Fr. Françoise Jeanneret Juristin
- Hr. Laurent Kurth Ökonom
- Dr. Claude-François Robert Arzt
Weitere Unterzeichnende:
- Dr. Jean Bauer Arzt
- Dr. Sylvie Bailat Ärztin
- Prof. Enos Bernasconi Arzt
- Dr. Brenno Balestra Arzt
- Dr. Claude Bertoncini Arzt
- Prof. Thomas Bischoff Arzt
- Dr. Raphael Bize Arzt
- Dr. Sophie Blanquet Ärztin
- Dr Bernard Borel Arzt
- Dr. Martine Bouvier Gallacchi Ärztin
- Dr Dominique Buenzli Arzt - Präsidentin der MASM, Médecins Action Santé Migrant.es
- Dr. Hugues Burkhalter Arzt
- Prof. François Chappuis Arzt - Chefarzt für Tropen- und Humanitärmedizin, Universitätsspital Genf (HUG)
- Dr. Nicolas de Coulon Arzt
- Dr. Vincent Della Santa Arzt
- Dr. Sarah Depallens Villanueva Kinderärztin – Leiterin des Gesundheits- und Präventionsdienstes (Lausanne)
- Dr. Felicia Dutray Ärztin
- Hr. Yves Etienne Experte für öffentliches Gesundheitswesen
- Prof. Antoine Flahault Arzt - Direktor des Institute of Global Health, Medizinische Fakultät, Universität Genf
- Dr. Yvon Heller Arzt
- Dr. Mattia Lepori Arzt
- Dr. Jean Martin Arzt
- Fr. Nicole Niederberger Pflegefachfrau
- Dr. Josiane Pralong Ärztin - Präsident der Société Neuchâteloise de Médecine (Sam)
- Dr. Olivier Raccaud Arzt
- Dr. Marine Rais Ärztin
- Dr. Michel Ravessoud Arzt
- Dr. Saira-Christine Renteria Ärztin
- Dr. Jean-Charles Rielle Arzt - Abgeordneter, ehemaliger Nationalrat
- Prof Nicolas Senn Arzt, Lausanne
- Dr. Nicolas Tebib Arzt
- Dr. Nathalie Tebib Ärztin
- Dr. Saskia von Overbeck Ärztin